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„Oh Boy“, welch wundervoller Film

4. November 2012

Es gibt Filme, die im Nachhinein pure Zeitverschwendung waren. Es gibt Filme, die einem halfen ein paar Stunden anständig zu überbrücken. Es gibt Filme, die man einfach recht gerne gesehen hat und es gibt Filme, bei denen man wirklich dankbar ist, sie nicht verpasst zu haben. Genau so ging es mir gestern mit „Oh Boy“, dem Debütfilm von Jan Ole Gerster.

Niko (Tom Schilling) möchte doch nur einen ganz gewöhnlichen Kaffee

Auf der Suche nach einem simplen Kaffee befindet sich Niko (Tom Schilling) in Berlin auf verlorenem Posten. Eigentlich hat der junge Mann aber ganz andere Probleme. Auf seine Freundin hat er keinen Bock mehr, der Vater dreht ihm den Geldhahn zu, der neue Nachbar nervt ihn und zum Idiotentest muss er auch noch. All das kann nun so klingen, als ginge es hier um die nächste einfallslose Komödie, aber „Oh Boy“ ist deutlich mehr und dennoch an vielen Stellen sehr lustig. Eindeutig amüsanter als ein Film, der uns von der einen absurden Szene in die nächste schickt und krampfhaft versucht, Lacher zu erzwingen. Dieses deutsche Werk bleibt zudem auch noch in seiner Ernsthaftigkeit durchgehend glaubhaft.

Der schwarz-weiß Film, welcher seit Donnerstag in den Kinos dieses Landes zu sehen ist, begleitet Niko einen Tag lang durch Berlin und wartet mit zahlreichen tollen Nebendarstellern auf. Zum Beispiel Friederike Kempter, die viele als die Kommissaranwärterin Nadeshda aus dem Münsteraner Tatort kennen dürften. Michael Gwisdek darf ich auch nicht vergessen, Ulrich Noethen,  Justus von Dohnányi und Frederick Lau ebenfalls nicht, so wie die Stadt Berlin. Den sensationellen Tom Schilling kann ich derweil gar nicht ausreichend würdigen.

Billige Lacher Fehlanzeige

„Oh Boy“ ist atmosphärisch beeindruckend und verliert sich nie zwischen Melancholie, Nachdenklichkeit und Humor. Weder in die eine, noch in die andere Richtung. Jan Ole Gerster geht nicht auf die billigen Lacher und er will uns gleichzeitig aber auch nicht in zu tiefe Depressionen stürzen. Die Balance funktioniert, sie beeindruckt. Die von mir verachtete cineastische Vorhersehbarkeit beschränkt sich derweil auf ein Minimum.

Ich könnte noch viel über diesen Film schreiben, aber schauen Sie ihn sich doch einfach an. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand die 6-8 Euro und die ca. 85 Minuten im Anschluss bereut, auch wenn bestimmt nicht jeder meine große Begeisterung vollends teilt. Eine so fabelhafte Tragikomödie habe ich jedenfalls seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gesehen. Außerdem zeigt „Oh Boy“ nach „Gnade„, über den ich vor zwei Wochen schrieb, dass der deutsche Film so viel mehr und so viel Besseres zu bieten hat, als das, womit Til Schweiger oder Bully Herbig leider viele Zuschauer mehr in die Kinos locken.

From → Film + TV

7 Kommentare
  1. Der Trailer hat Charme, macht Lust auf den Film. Allerdings sind Trailer oft nur gut zusammen geschnitten und nehmen bereits die Höhepunkte des Films vorweg. Ich verlasse mich auf Dein Urteil, ZHS. Gruß, belein

    • Das stimmt. Süddeutsche Zeitung und SPON hatten aber auch noch gute, ziemlich positive Kritiken, wie ich im Nachhinein las. Die aus der SZ (war die bessere, meine ich) kann man sich ja zur Sicherheit auch ruhig noch durchlesen.

  2. garlic221 permalink

    Ich habe gestern einen sehr schönen Film aus der Schweiz gesehen und möchte diesen hier gerne Publik machen, wenn genehm. Ich habe zwar nur die Hälfte verstanden, weil dort schweizerdütsch geredet wird, aber die Bilder und die Geschichte die dort erzählt wird, einfach herrlich. Am Ende des Films war ich zu tränen gerührt, was eher selten bei mir vorkommt.

    Hier der Link zum Film:
    http://www.daellebachfilm.ch/

    Es grüßt der garlic221

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